Wie die Luftfahrt klimaneutral werden will

Auf dem Weg zur Netto-Null

Emissionsfreies Fliegen ist heute noch eine Utopie, doch bis 2050 will der Luftverkehr CO₂-neutral sein – trotz jährlich steigenden Flugaufkommens. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, greifen zahlreiche kleine und große Maßnahmen. Den Treibstoffverbrauch zu senken und Kerosin zunehmend durch alternative Kraftstoffe zu ersetzen, sind die zentralen Elemente.

Effizienter fliegen: Weniger Verbrauch, modernere Technik

Schon heute ist der durchschnittliche Kerosinverbrauch pro Passagier gegenüber den 90er Jahren bei deutschen Fluggesellschaften um fast die Hälfte gesunken, hauptsächlich durch energieeffizientere Flugzeuge. Mit jeder neuen Generation von Flugzeugen sinkt der Kerosinverbrauch um bis zu 25 Prozent. Dazu kommen kleinere Bausteine wie die sogenannte Haifischhaut, die bestehenden Jets zu mehr Aerodynamik und damit verringertem Treibstoffverbrauch verhilft. Die mögliche Einsparung für die kommerzielle Luftfahrt beträgt 6,3 Millionen Tonnen CO₂, rechnet BASF vor, die die Aeroshark zusammen mit Lufthansa entwickelt haben. Gemessen an mehr als 900 Millionen Tonnen CO₂, die der zivile Luftverkehr derzeit weltweit emittiert, mag es wie der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein klingen, aber es zählt jedes Prozent, das eingespart werden kann.

Lächelnde Frau im Flugzeug am Fenster© GettyImages

Nachhaltige Treibstoffe als Schlüssel zur CO₂-Reduktion

Noch entscheidender auf dem Weg zur CO₂-Neutralität ist der Einsatz alternativer Kraftstoffe. Nach Auffassung der IATA sind Sustainable Aviation Fuels, kurz SAF, derzeit der zentrale Hebel, um die Emissionen im Luftverkehr nennenswert zu senken. Sie reduzieren den CO₂-Ausstoß um bis zu 80 Prozent. Nachhaltige Flugkraftstoffe werden beispielsweise aus gebrauchten Speiseölen gewonnen, aber auch synthetisch hergestellte E-Fuels zählen dazu. Theoretisch wäre eine Beimischungsquote von 50% SAF heute schon möglich, doch hält die Produktion mit dem Bedarf und den Möglichkeiten noch nicht stand – ganz abgesehen davon, dass die Produktionskosten etwa viermal teurer sind als herkömmliches Flugbenzin. Ähnliches gilt für Wasserstoff. Schon vor fünf Jahren hat Airbus wasserstoffbetriebene Konzeptflugzeuge für emissionsfreies Fliegen vorgestellt, die bis 2035 hätten in Dienst gestellt werden können. Doch das Wasserstoff-Ökosystem brauche mehr Zeit, um sich zu entwickeln.

Auch am Boden zählt jede Einsparung

Jede Alternative zu fossilen Rohstoffen erfordert einen nachhaltigen Herstellungsprozess, um wirklich „grün“ zu sein. Swiss hat kürzlich erstmals einen aus Solarenergie hergestellten synthetischen Treibstoff erfolgreich eingespeist. Hier kommen zudem die Flughäfen ins Spiel, die zum Beispiel in Photovoltaikanlagen, regenerativen Strom aus Windkraft, Wasserstofftankstellen und SAF-Infrastruktur investieren. Die Flughäfen konnten ihre CO₂-Emissionen zwischen 2010 und 2023 bereits um 53 Prozent senken. Neben der Energieversorgung und einem nachhaltigen Betrieb der Infrastruktur ist beispielsweise auch ein reduzierter Triebwerkseinsatz der Flugzeuge auf dem Flughafen ein wichtiger Baustein, indem für den Weg vom Gate zur Startbahn elektrische Schleppfahrzeuge eingesetzt werden. Frankfurt und Berlin wollen bis 2045 komplett CO₂-frei operieren, München oder Hamburg schon bis 2035. Das Netto-Null-Ziel bezieht sich dabei auf die Emissionen, die die Flughäfen selbst beeinflussen können.

Viele Bausteine – ein Ziel: Netto-Null bis 2050

Die Erreichung von Klimaneutralität gleicht einem riesigen Puzzle mit unzähligen großen und kleineren Teilchen, die ineinandergreifen, sich ergänzen und erst in der Summe das große Bild ergeben. Viel tut sich, viel bleibt noch zu tun. Dabei haben Forschung und Unternehmen auch die Nicht-CO₂-Effekte wie Stickoxide oder Kondensstreifen im Blick, die zusätzlich eine klimaschädliche Wirkung entfalten.

 

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