Warum jeder einmal in der Karibik segeln sollte und der Dalai Lama Recht hat.

Der Dalai Lama sagt: „Gehe einmal im Jahr dorthin, wo du noch niemals warst“. Wenn ich das nur einmal im Jahr tun würde, würde ich vermutlich die eine oder andere kleine Krise bekommen. Tatsächlich versuche ich das mehr als nur einmal im Jahr zu tun – vielleicht dauert ein Jahr bei den Buddhisten auch einfach nicht so lange und ich befolge seinen Rat sehr genau? – Das ist natürlich Unsinn, da auch Tibet in 365 Tagen einmal um die Sonne kreist.
Seinen Rat befolge ich dieses Mal dennoch, ja ich weite ihn sogar ein bisschen aus. Denn zum allerersten Mal geht es für mich in die Karibik – zwar konnte ich vor einigen Jahren bereits karibische Luft in Belize schnuppern, diesmal sind die kleinen Antillen mein Ziel.

Somit gehe ich nicht nur an einen Ort, an dem ich nie zuvor war, sondern ich werde zwei Wochen auf einem Segelboot verbringen und vor allem Meer, Strände und Unterwasserwelten sehen. Dinge, für die ich zugegebenermaßen noch nie die allergrößte Begeisterung aufbringen konnte, aber um es dem Dalai Lama sinngemäß gleichzutun, unternehme ich eine Reise, die ich zuvor nicht gewagt hätte.
Die Skepsis überdauert selbst den Flug nach Martinique auf einem der längsten „Inlandsflüge“ der Welt aus Paris. Digital Detox heißt das Schlüsselwort für die kommenden zwei Wochen, denn mein Smartphone lasse ich die nächsten beiden Wochen einfach ausgeschaltet und gebe mich voll und ganz dem Abenteuer Karibik hin.
Und dann sehe ich sie: Calliope of Arne, die bezaubernde Schönheit mit ihrem schlanken Bug und ihren trotzigen beiden Masten, in der Abendsonne vor mir und merke schon jetzt, dass es zwischen uns auf mehr hinauslaufen könnte als auf einen kurzen Flirt. Calliope ist im Übrigen eine Segelyacht. Eine mit Charakter, mit Esprit, mit Charisma. Elegant gleitet Sie am Diamond Rock vor der Küste Martiniques vorbei und ich vergesse alles um mich herum. Es gibt nur mich, das Boot und die Weiten des Meeres.

Verflogen ist jegliche Skepsis über Langeweile, Seekrankheit oder sonstige Beschwerden. Vor uns liegt St. Lucia, eine Insel, die so viel Schönes bietet, dass es sich hier alleine lohnt, mehrere Tage zu verbringen. Rodney Bay ist unsere Ankerstätte und mit dem Beiboot geht es am frühen Abend in die Marina. In der Boardwalk Bar treffen sich die Seemänner und erzählen ihre Geschichten. Vom letzten Hurrikan, der von Erzählung zu Erzählung immer gewaltiger wird, von ihren Booten und vom letzten Fish Friday in Gros Islet, an dem sie einen hervorragenden Rum Punch hatten – und ja, der schmeckt wirklich großartig, besonders wenn unser Captain Fernando ihn zubereitet. Die Gelassenheit der Menschen zieht mich sofort in ihren Bann und ich könnte noch stundenlang einfach hier sitzen bleiben, ein kaltes Piton Bier trinken und das leise Rauschen des Meeres genießen.

Das gemächliche Schaukeln des Schiffs wiegt mich sanft in den Schlaf. Wir brechen früh auf – der Wind steht gut, volle Segel werden gesetzt. Imposant sieht es aus, wenn sich die Segel mit dem Wind füllen und wir ordentlich Fahrt machen – wortwörtlich überragt wird diese Imposanz erst, als wir die charakteristischen Pitons im Süden der Insel erreichen, zwei implodierte Vulkankegel, die St. Lucias Wahrzeichen sind. Mächtig ragen Sie aus dem Meer hervor und man erstarrt kurz ehrfürchtig, wenn man an ihnen hoch sieht. Es ist ein bisschen wie in der Verfilmung von Tolkiens „Der Herr der Ringe“, als die Gefährten über den Fluss zwischen den riesigen Statuen der altvorderen Könige hindurchfahren.

An den mit Hanf übersäten Hügeln von St. Vincent vorbei geht es nach Bequia. Fernando vertraut mir für einige Zeit das Steuer an – Calliope und ich verschmelzen zu einer untrennbaren Einheit. Bequia ist eine traumhafte Insel in den Grenadinen und der Princess Margaret Beach ist ein karibischer Strand, wie er klischeehafter kaum sein könnte. Der Sonnenuntergang in der Bucht ist fast schon kitschig, so perfekt taucht die rote Feuerscheibe am Horizont ins Meer.

Was mich nun erwartet, hatte ich nicht ansatzweise zu hoffen gewagt. Früh geht es los, an Canouan vorbei. Unser Etappenziel ist die kleine Insel Mayreau, vorher jedoch sollte sich mir ein so majestätischer Anblick auftun, wie ich ihn nicht für möglich gehalten hätte: Wir ankern in den Tobago Cays. Die Grün- und Blautöne des kristallklaren Wassers liefern sich einen Glitzerwettkampf und die Strände sind so weiß, dass ich ohne meine Sonnenbrille die Augen schon sehr fest zusammenkneifen muss. Das einzige, was das ganze jetzt noch steigert, ist der Sprung ins Wasser mit meinem Schnorchel-Equipment. Zunächst sehe ich vor meinen Augen sehr viel Sand und plötzlich stoße ich fast mit ihr zusammen: Eine Medizinball-große, helle Meeresschildkröte schwimmt an mit vorbei – und sie sollte nicht die letzte ihrer Art sein, der ich begegne. Das Riff wird tiefer und es tut sich eine Artenvielfalt auf, die ihresgleichen sucht. Bunte Fische aller Formen und Farben, regungslose Seesterne und Seeigel, ja sogar einen auf der Lauer liegenden Hai und einen grimmig dreinschauenden Barracuda, der knapp unterhalb der Wasseroberfläche auf einen Schwarm silbrig glitzernder Fische schmachtet, kann ich mühelos entdecken. Es ist ein einmaliges Erlebnis und ein Naturschauspiel der besonderen Art.

Ich kann ohne weiteres behaupten, dass dies einer der schönsten Orte ist, den ich je auf der Welt gesehen habe. Und ich begreife, warum der Dalai Lama Recht hat – auch wenn er vielleicht nie Schnorcheln war und ich ihn auch nicht unbedingt Piton-Biere in der Rodney Bay trinken sehe.

Und wenn ich das nächste Mal bei besagtem Getränk mit den Seeleuten in der Rodney Bay sitzen sollte, werde ich meine eigene karibische Geschichte zu erzählen haben und wer weiß – vielleicht wird die Schildkröte dann sogar so groß wie ein Gymnastikball sein…

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