Das gilt für Unternehmen und Mitarbeiter bei Geschäftsreisen
Porträtfoto Prof. Dr. Tobias Ehlen

Interview mit Prof. Dr. Tobias Ehlen

Dr. Tobias Ehlen ist Professor für Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt Reiserecht an der Hochschule Worms. Er ist zudem Berater und Gutachter bei Rechtsfragen rund um das Thema Reisen und Dozent der VDR-Akademie. Für Lufthansa City Center beantwortet er aktuelle Fragen zu Geschäftsreisen in Pandemiezeiten.

Unter welchen Voraussetzungen können Unternehmen ihre Mitarbeiter auf Geschäftsreisen schicken, ohne ihre Fürsorgepflicht zu vernachlässigen?

Prof. Dr. Ehlen: Eine pauschale, allgemeingültige Regelung greift hier nicht. Die gesetzlich verankerte Fürsorgepflicht ist nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie ein wichtiges Thema. Sie gilt grundsätzlich für alle Unternehmen, auch dann, wenn sie ihre Mitarbeiter auf Reisen schicken.

Welchen Spielraum bei der Fürsorgepflicht hat ein Arbeitgeber?

Generell gilt: Rechtsgrundlage für eine Dienstreise ist eine entsprechende Weisung des Arbeitgebers. Diese kann er einseitig nach „billigem Ermessen“ erteilen. Das bedeutet: Der Arbeitgeber hat einen Ermessenspielraum, bei dem er jedoch die Interessen seiner Mitarbeiter in angemessener Weise berücksichtigen muss. Das wiederum heißt: Er muss abwägen, ob er es guten Gewissens verantworten kann, den Beschäftigten auf Reisen zu schicken.

Was muss der Arbeitgeber prüfen?

Da stellen sich verschiedene Fragen: Wurde der Mitarbeiter ausreichend über mögliche Risiken der Dienstreise informiert? Besteht ein ausreichender Versicherungsschutz für die Dauer der Reise (EU, Drittland)? Steht dem Mitarbeiter während der Reise ein 24-Stunden-Notfallservice zu Verfügung? Erhält der Mitarbeiter im Falle eines Falles schnelle Hilfe (vom Unternehmen selbst oder einem beauftragten Dienstleister)?

Und was muss man angesichts von Corona zusätzlich beachten?

Da muss sich das Unternehmen fragen, ob es notwendig ist, den Mitarbeiter in ein Risikogebiet zu schicken. Wenn etwa eine Maschine dringend gewartet oder montiert werden muss oder weil auslaufende Patente vor Ort nachverhandelt werden müssen, kann so eine Notwendigkeit bestehen.

Natürlich muss der Arbeitgeber auch die Quarantänebestimmungen beachten.

Können Geschäftsreisende zur Corona-Impfung verpflichtet werden?

Nein, denn in Deutschland gibt es keine gesetzliche Impflicht als Rechtsgrundlage. Anderslautende Weisungen, Regelungen in Arbeitsverträgen oder betrieblichen Vereinbarungen wären folglich ungültig. Eine Impfung wäre ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.

Zudem gibt es weiterhin Tests als Alternative zum Impfen. Ein negativer Testnachweis ist in der Regel einem Impfnachweis gleichgestellt.

Kann der Arbeitgeber Tests verlangen?

Ja, im Kontext von Geschäftsreisen sind entsprechende Weisungen möglich. Denn hierbei handelt es sich um einen vergleichsweise milden Eingriff.

Was ist, wenn ich für die Einreise zwingend ins Zielland eine Impfung brauche?

Hier wird zwar vereinzelt vertreten, dass eine Impfung verlangt werden kann. Meines Erachtens kann der Arbeitgeber aber auch in diesen Fällen aus den genannten Gründen keine Impfung verlangen. Sollte die fehlende Impfung den Mitarbeiter wesentlich an der Ausübung seiner beruflichen Reise-Tätigkeit hindern, ist ebenfalls eine Einzelfallbetrachtung hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Folgen erforderlich. Im äußersten Fall ist eine personenbedingte Kündigung theoretisch zumindest nicht auszuschließen.

Was gilt, wenn ein Mitarbeiter während oder nach der Geschäftsreise an Covid-19 erkrankt?

Hier gibt es keine Besonderheiten. Es gelten die normalen Regelungen wie sonst auch im Krankheitsfall, unter anderem bezüglich Lohnfortzahlung. Ausnahme: Der reisende Mitarbeiter hat sich grob regelwidrig verhalten und gegen Reiserichtlinien verstoßen. Hier ist jedoch der Nachweis seitens des Arbeitgebers in der Praxis eher schwierig.

Was gilt es sonst noch in Bezug auf Corona und Reisen zu beachten?

Ein wichtiger Punkt ist auch der Datenschutz: Darf ich als Arbeitgeber überhaupt fragen, ob jemand geimpft ist? Denn „geimpft sein“ ist ein sogenanntes „Krankheitsdatum“, das nach DSGVO nur unter bestimmten Voraussetzungen verarbeitet werden darf. Danach zu fragen fällt schon unter das Verarbeiten. Hier gehen die Meinungen auseinander: Für die einen ist diese Frage nicht zulässig. Für die anderen ist sie es dann, wenn die Kenntnis für die Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsvertrag erforderlich ist und wenn das Interesse des Arbeitgebers das des Mitarbeiters überwiegt. Doch das kann meines Erachtens ein eher theoretisches Problem sein, wenn sich in der betrieblichen Praxis zeigt, dass mehrheitlich offen mit dieser Frage umgegangen wird.

Apropos Datenschutz: Ist für die Einreise ins Zielland die Installation einer Corona-Tracking-App vor Ort erforderlich, ist dies dann vertretbar, wenn der Arbeitgeber dafür ein Geschäftshandy zur Verfügung stellt. Die Installation auf dem privaten Telefon kann nicht verlangt werden.

 

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